Therapieoptionen

Behandlungsmöglichkeiten

Lokalisierter Prostatakrebs

Lokalisierter Prostatakrebs ist noch auf die Prostata beschränkt (T1 oder T2a, niedriger Gleason-Wert und niedriger PSA-Wert). Dieser Krebs wächst in der Regel sehr langsam und verursacht möglicherweise keine Symptome oder gesundheitlichen Probleme.

Die drei wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten für Männer mit lokal begrenztem Prostatakrebs sind 

  • Aktive Überwachung
  • Operation
  • Strahlentherapie


Nicht-kurvative Maßnahme

Ziel der aktiven Überwachung (active surveillance) ist es, unnötige Behandlungen bei Männern mit klinisch lokalisiertem Prostatakrebs zu vermeiden, wenn diese keine sofortige Behandlung benötigen. Es handelt sich um "günstigen“ Krebs (klein, wenig aggressiv; Gleason Score </= 6) und/oder die Nutzen-Risiko-Betrachtung der Bestrahlung ist ungünstig . 

Gleichzeitig werden die Patienten durch strukturierte Überwachungsprogramme mit regelmäßiger Nachsorge mittels engmaschiger PSA-Bestimmung, MRT und Biopsien überwacht, um den richtigen Zeitpunkt für die Einleitung einer kurativen (auf Heilung ausgerichteten) Behandlung zu finden. Eine kurative Behandlung wird bei Erreichen von vordefinierten Schwellenwerten eingeleitet, die auf eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung hinweisen, die aber immer noch potenziell heilbar ist.

Bei Patienten, die für eine kurative Behandlung von Anfang an als ungeeignet angesehen werden, kann eine konservative Behandlungsoption in Form von Watchful Waiting (kontrolliertes Zuwarten) angeboten werden. Diese Patienten werden auf die Entwicklung eines lokalen oder systemischen Fortschreitens mit (drohenden) krankheitsbedingten Beschwerden "beobachtet", wobei sie dann entsprechend ihrer Symptome palliativ behandelt werden, um ihre Lebensqualität zu erhalten.

Die Entfernung der Prostata (Prostatektomie) und die Strahlenbehandlung stellen kurative Behandlungsoptionen beim lokalisierten und lokal fortgeschrittenen Prostatakrebs dar.


Kurvative Maßnahme

Bei der radikalen Prostatektomie wird die Prostata vollständig entfernt. Die Operation kann bei bis zu 70% der Männer zu Erektionsstörungen und bei etwa 20% der Männer zu leichten Problemen mit Harninkontinenz führen. Die radikale Prostatektomie sollte Patienten mit einem Prostatakrebs mit mittlerem Risiko und einer Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren angeboten werden.

Darüber hinaus sollte eine radikale Prostatektomie ausgewählten Patienten mit lokalisiertem Hochrisiko-Prostatakrebs als Teil einer möglichen multimodalen Therapie angeboten werden. Die nervenschonende Chirurgie, eine neuere Technik, zielt auf den Erhalt der Sexualfunktion ab. Dabei wird das Prostatagewebe vorsichtig von den umliegenden Nerven weggeschnitten, ohne diese zu verletzen. Die nervenschonende Operation beeinträchtigt die Krebskontrolle nicht, wenn die Patienten je nach Lage, Größe und Grad des Tumors sorgfältig ausgewählt werden.

Bei der Behandlung von Prostatakrebs werden zwei Arten der Strahlentherapie eingesetzt:

  • Externe Strahlentherapie (EBRT)
  • Interne Strahlentherapie (Brachytherapie)

Bei der externen Strahlentherapie (EBRT) wird eine hohe Strahlendosis auf den Bereich der Prostata und das umliegende Gewebe gerichtet. Die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) ist eine Art der Strahlentherapie zur Behandlung von Krebs und nicht krebsartigen Tumoren, bei der eine fortschrittliche Technologie eingesetzt wird, um Photonen- und Protonenstrahlen so zu manipulieren, dass sie sich an die Form eines Tumors anpassen. Die IMRT mit oder ohne bildgesteuerte Strahlentherapie ist der Goldstandard der externen Strahlentherapie. 

Es werden mehrere kleine Photonen- oder Protonenstrahlen unterschiedlicher Intensität eingesetzt, um den Tumor präzise zu bestrahlen. Die Strahlungsintensität jedes Strahls wird kontrolliert und die Strahlform ändert sich bei jeder Behandlung. Das Ziel der IMRT ist es, die Strahlendosis an das Ziel anzupassen und die Exposition von gesundem Gewebe zu vermeiden oder zu reduzieren, um die Nebenwirkungen der Behandlung zu begrenzen. 

Die Bewegung von Organen wird zu einem kritischen Thema, sowohl im Hinblick auf die Tumorkontrolle als auch auf die Toxizität der Behandlung, wenn die Dosis durch IMRT erhöht wird.

Die IMRT wird mit einer Form der bildgesteuerten Strahlentherapie kombiniert. Dadurch können Organbewegungen in Echtzeit sichtbar gemacht und korrigiert werden. Dies führt zu einer gezielteren Bestrahlung des Tumors und einer Reduktion der Strahlentherapie-bedingten Nebenwirkungen. Zu den Nebenwirkungen der externen Strahlentherapie gehören neben kurzzeitig auftretendem Durchfall, Blasenreizung und wunder Haut auch längerfristige Nebenwirkungen wie Darmprobleme, Impotenz oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen.

Im Gegensatz dazu werden bei der Brachytherapie sehr kleine radioaktive "Seeds" oder Drähte in die Prostata eingebracht. Es gibt zwei Arten der Brachytherapie:

  • Seed-Implantation
  • Hochdosis-Rate-Therapie

Bei der Seed-Implantations-Strahlentherapie werden 80-120 radioaktive Seeds in die Prostata implantiert. Sie verbleiben dort für einige Monate und liefern hohe Dosen an Radioaktivität. Da die Strahlung lokal bleibt, wird die Schädigung anderen Gewebes minimiert.

Bei der Hochdosistherapie werden radioaktive Drähte in die Prostata eingeführt sowie die nach Erreichen der erforderlichen Dosis wieder entfernt werden. Zu den Nebenwirkungen der Brachytherapie gehören: Schmerzen, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Blut im Urin und Sperma sowie Verstopfungsgefühl.

Die Strahlentherapie kann mit einer Hormonentzugstherapie (ADT) über mehrere Monate oder wenige Jahre kombiniert werden. Diese Kombinationstherapie sollte Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs mit mittleren und hohen Risikoprofil sowie lokal fortgeschrittenen Hochrisikopatienten angeboten werden. In randomisierten, kontrollierten klinischen Studien wurde eindeutig festgestellt, dass der zusätzliche Einsatz einer langfristigen Hormonentzugstherapie in Kombination mit Strahlentherapie bessere Ergebnisse erzielt, als eine der Behandlungen alleine. 

Klinische Daten aus mehreren veröffentlichten Studien (EORTC 22863; RTOG 85-31; RTOG 92-02; RTOG 86-10; und D'Amico et al. JAMA, 2004) zeigen alle einen Nutzen für die Kombination einer Hormonentzugstherapie mit Strahlentherapie. Die in den medizinischen Leitlinien empfohlene Dauer der Hormonentzugstherapie für lokal begrenzte Prostatakrebspatienten mit mittlerem Risiko beträgt 6 Monat. Für lokal begrenzte und lokal fortgeschrittene Hochrisikopatienten, die eine Strahlentherapie erhalten, wird eine Hormonentzugstherapie für die Dauer von 2-3 Jahre empfohlen.

Bei der Hormonentzugstherapie, auch Androgendeprivationstherapie (ADT) genannt, wird der Testosteronspiegel im Körper auf ein kastriertes Niveau gesenkt, oder es wird verhindert, dass Testosteron (ein Androgen) die Prostatakrebszellen stimuliert. Testosteron ist nicht die Ursache von Prostatakrebs, wird aber wesentlich für das Wachstum dieser Tumore verantwortlich gemacht. Die Senkung des Testosteronspiegels oder die Unterbrechung der Wirkung von Testosteron auf Prostatakrebszellen führt häufig dazu, dass der Prostatakrebs schrumpft oder eine Zeit lang langsamer wächst, obwohl eine Hormonentzugstherapie allein nicht heilend wirkt. 

Die Hormonentzugstherapie kann durch eine chirurgische Kastration oder eine medikamentöse Therapie durchgeführt werden. Bei der chirurgischen Kastration werden die Hoden entfernt ("bilaterale Orchiektomie"). Bei der medikamentösen Kastration wird die Bildung von Testosteron verhindert. Derzeit sind langwirksame LHRH-Agonisten die wichtigsten Formen der Hormonentzugstherapie. Sowohl die chirurgische als auch die medikamentöse Kastration können aufgrund der Senkung des Testosteronspiegels Nebenwirkungen verursachen, wie zum Beispiel vermindertes oder fehlendes sexuelles Verlangen, erektile Dysfunktion, Schrumpfung der Hoden und des Penis, Hitzewallungen, Brustspannen und Wachstum von Brustgewebe.

Metastasierter Prostatakrebs

Ist der Tumor über die Prostata hinausgewachsen und hat sich in weiter entfernte Lymphknoten und andere Gewebe ausgebreitet, spricht man von metastasiertem Prostatakrebs. Der fortgeschrittene oder metastasierte Prostatakrebs entwickelt sich entweder aus dem Fortschreiten der Erkrankung oder tritt als Neudiagnose auf.

Wenn der Prostatakrebs frühzeitig erkannt wird und noch lokal begrenzt ist, können erste Therapien zu hohen Heilungschancen führen (60-70 %). Die meisten Männer leben viele Jahre lang krebsfrei, während sie überwacht werden. Dennoch kann es bei 30-40 % der Männer zu einem Rezidiv oder biochemischen Rückfall (PSA-Versagen) kommen. Dabei kommt es nach einer Operation oder Bestrahlung zu einem Anstieg des PSA-Wertes im Blut. Die Patienten verspüren möglicherweise aber keine Symptome. 

Ein Anstieg des PSA-Wertes nach einer lokalisierten Behandlung deutet darauf hin, dass sich der Tumor wahrscheinlich ausgebreitet hat und weiterwächst. Die Bestätigung, dass der Krebs gestreut hat, erfolgt mittels Bildgebung oder Biopsie.

Alternativ kann der fortgeschrittene oder metastasierte Prostatakrebs auch als Neudiagnose auftreten. Hier werden die Patienten mit einer bereits fortgeschrittenen Krankheit diagnostiziert, da die Erkrankung nicht frühzeitig erkannt wurde.

Beim fortgeschrittenen oder metastasierten Prostatakrebs stehen verschiedene Kombinationstherapien zur Verfügung. Mögliche Kombinationen sind:

  • Kombination zweier Hormontherapien (Hormonentzugstherapie kombiniert mit neuen antihormonellen Agenzien)
  • Kombination einer Hormon- und Chemotherapie (Hormonentzugstherapie kombiniert mit einem Taxan)

Oder als dritte Möglichkeit und Therapieintensivierung die Tripletttherapie:

  • Kombination aus zwei Hormontherapien und einer Chemotherapie (Hormonentzugstherapie kombiniert mit neuen antihormonellen Agenzien und einem Taxan)

Die Wahl der Behandlung ist davon abhängig, ob die Metastasen bereits bei Diagnose des Prostatakrebs vorhanden waren (de novo oder synchron) oder ob die Metastasierung nach initialer Behandlung auftritt (metachron). Zusätzlich wird die Metastasenlast (high volume oder low volume) und das Vorhandensein möglicher Risikofaktoren (high risk oder low risk) in die Entscheidung miteinbezogen. 

Eine hohe Tumorlast (high volume) liegt vor, wenn vier oder mehr Knochenmetastasen sowie eine oder mehr Metastasen außerhalb der Wirbelsäule oder des Beckens und/oder eine viszerale Metastase bei einem CT oder Knochenscan gefunden wurden. Wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, spricht man von einer geringen Tumorlast (low volume). Ein hohes Risiko (=high risk) ist definiert als das Vorhandensein von mindestens zwei der drei Risikofaktoren:

  1. Gleasonscore ≥8
  2. drei oder mehr Metastasen im Knochenscan
  3. eine messbare viszerale Metastase

Wenn die Kriterien für ein Hochrisiko nicht erfüllt sind, liegt ein niedriges Risiko (low risk) vor.

Wenn der Krebs weiterwächst, obwohl der Testosteronspiegel aufgrund der Hormonentzugstherapie auf Kastrationsniveau liegt, so liegt vermutlich ein hormonunempfindlicher Prostatakrebs - ein sogenanntes kastrationsresistentes Prostatakarzinom - vor.

Ein nicht-metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs ist eher selten und darauf zurückzuführen, dass bei Männern mit nicht metastasiertem Prostatakrebs eine frühe, langfristige Hormonentzugstherapie durchgeführt wurde. Wenn der Krebs noch immer nur im Bereich der Prostata vermutet wird, kann ein zweiter Versuch zur Heilung des Krebses unternommen werden. Wird die Hormonentzugstherapie bei Männern mit biochemischem Rückfall nach einer radikalen Behandlung allerdings so lange hinausgezögert, bis der Ort des Rezidivs entdeckt wird, ist das nicht-metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom ungewöhnlich. 

Die Männer entwickeln typischerweise erst nach der Entdeckung von Metastasen eine kastrationsresistente Erkrankung. Wenn eine Operation durchgeführt wurde, kann eine Strahlentherapie, manchmal zusammen mit einer Hormontherapie, eine Option sein. Bei metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakrebs zielen die Therapien darauf ab, das Fortschreiten des Krebses zu verringern und die Schmerzen zu lindern. Auch in diesem Stadium werden die oben beschriebenen Kombinationstherapien eingesetzt.

Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Prostatakarzinom| Version 6.2 | Oktober 2021
Mottet N, et al. EAU Guidelines on Prostate Cancer 2020
https://www.cancerresearchuk.o...

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